Das Erbschaftsteuergesetz ist reformbedürftig.
In seiner aktuellen Ausgestaltung irritiert, dass Großvermögen steuerfrei übertragen werden können, während kapitalintensive KMU teilweise vollsteuert werden.
Steuerverschonung für Großvermögen
Das Gesetz regelt, dass die Erbschafts- und Schenkungsteuer für den Erwerb von Unternehmensvermögen ab 26 Millionen Euro auf Antrag erlassen werden kann, wenn der Erwerber bedürftig ist.
Insbesondere vermögensarme Familienstiftungen oder Kinder, eignen sich, um den Erb- oder Schenkungsfall steuerneutral zu gestalten. Die gesetzgeberische Intention, den Erhalt von Unternehmen generationenübergreifend sicherzustellen, ist richtig. Allerdings sollte das Steuergesetz nicht zweierlei Maß nehmen:
- Der Erwerb von unternehmerischen Großvermögen sollte keiner besonderen Privilegierung unterliegen.
- Im Rahmen eines Abstandsgebots ein höherer Erwerb auch eine betragsmäßig höhere Steuerbelastung zur Folge haben.
Aus Sicht des kleineren Mittelstands lautet die Forderung an die Politik, die Komplett-Verschonung von Unternehmensvermögen zu streichen. Vielmehr sollten hohen Freibeträge von 5 Millionen Euro sicherstellen, dass der Generationen Wechsel bei KMU unbelastet bleibt. Auf Vermögensübertragungen, die oberhalb des Freibetrags liegen, sollte ein moderater Steuersatz und eine langjährige, unverzinsliche Steuerstundung anzuwenden sein.
Verwaltungsvermögen – Fallbeilregelung abschaffen
Zur Wahrheit gehört, dass auch KMU im aktuellen Recht umfangreiche Steuerbegünstigungen nutzen können. Aus guten Gründen möchte der Gesetzgeber vermeiden, dass unproduktives Vermögen – sogenanntes Verwaltungsvermögen – steuerbegünstigt übertragen werden kann. Als unproduktives Vermögen gelten zum Beispiel vermiete Grundstücke, Zahlungsmittel und Forderungen. Der Einstieg in die Steuerbegünstigung gelingt aber nur, wenn das Verwaltungsvermögen vor Berücksichtigung der Schulden 90 Prozent des Unternehmenswerts nicht übersteigt. Kann diese Hürde nicht genommen werden tritt ein Fallbeileffekt: Die Steuerbegünstigung wird vollständig versagt. Nimmt man an, dass ein Handelsunternehmen mit einem Unternehmenswert von einer Millionen Euro eine Forderung aus Lieferungen und Leistung gegenüber seinen Kunden von ebenfalls einer Million Euro bilanziert, macht es einen großen Unterschied, ob dem Betrag eine Verbindlichkeit in gleicher Höhe zur Finanzierung der umgesetzten Waren gegenübersteht. Ohne Berücksichtigung der Verbindlichkeit beliefe sich die Verwaltungsvermögensquote auf einhundert Prozent, sodass eine Begünstigung bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer ausgeschlossen wäre. Gut, dass der BFH (Aktenzeichen II R 49/21) das geltende Recht zugunsten des Steuerpflichtigen auslegt: Entgegen des Gesetzeswortlauts sind jedenfalls bei Handelsunternehmen, die mit dem Verwaltungsvermögen verbundenen und betrieblichen veranlassten Schulden, in Abzug zu bringen. Im vorgenannten Beispiel beliefe sich die Verwaltungsvermögensquote also auf null Prozent, sodass die Steuerbegünstigung anwendbar wäre.
Gut zu Wissen
Der BVMW fordert ein Umdenken bei der Erbschaft- und Schenkungssteuer: Die pauschale Verschonung von Unternehmensvermögen sollte zugunsten hoher Freibeträge, eines moderaten Steuersatzes und einer langfristigen Stundung aufgegeben werden.